Der Begriff Balancearbeit bezeichnet eine Problemlage und eine Strategie im Umgang mit dem Spannungsfeld von Flexibilität und Stabilität des Handelns der Arbeitenden. Weil die heutige Arbeitswelt immer höhere und z.T. widersprüchliche Anforderungen an Mitarbeiter und Betriebe stellt, gilt es zugleich eine gewisse Kontinuität im Arbeitshandeln zu wahren und dynamisch und flexibel auf sich schnell ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Die Strategie der Balancearbeit besteht darin, einen Ansatz zu entwickeln, wie den Problemen, die aus diesen Anforderungen erwachsen, begegnet werden kann. Balancearbeit setzt Kapazitäten und Puffer seitens des Unternehmens und Kompetenzen für den erfolgreichen Umgang mit den Flexibilitätsanforderunge auf der Mitarbeiter- oder Teamseite voraus.

Stabilität des Handelns ist üblicherweise an stabile soziale Beziehungen und ein ebensolches betriebliches Umfeld gebunden; so kann Vertrauen entstehen – ungeplant, aber keineswegs automatisch. Durch den (permanenten) Change jedoch werden die vertrauensbildenden Bedingungen u.U. obsolet. Daher müssen reflexive Vertrauensbeziehung in einer veränderten dynamischen Umwelt gezielt (neu) gefördert werden.

Beide Qualitäten, Flexibilität und Stabilität, sind heute wesentliche Anforderungen an den arbeitenden Menschen, aber beide scheinen zunächst unvereinbar und widersprüchlich. Aus dieser konflikthaften Lage zwischen Flexibilität und Stabilität resultieren die neuartigen Anforderungen. Die leitende Idee ist, objektive wie subjektive Vorkehrungen zu treffen und Ressourcen prospektiv und proaktiv aufzubauen, die vorbeugend oder flankierend Problemen im Verhältnis von Flexibilität und Stabilität entgegenwirken können. Dazu will sie „aktive Bewältigung“ auf allen Ebenen zur betrieblichen Aufgabe machen.

Als Flexibilitätsressource der Beschäftigten können ihre erfahrungsbasierten Dispositionsfähigkeiten gelten. Die Fähigkeiten von Unternehmen liegen darin, dieses Potenzial zu entwickeln. Unstrittig ist, dass bereits heute von den Beschäftigten große Anstrengungen im (individuell/persönlich erbrachten) Ausbalancieren von Stabilität und Flexibilität geleistet werden, oft über gesundheitliche und soziale Grenzen hinaus. Balancearbeit will durch Arbeitsgestaltung und Qualifikation systematisch alle MitarbeiterInnen in die Lage versetzen, dies zu verbessern. Gelingt eine solche vorausschauende Entwicklung sowohl auf der persönlichen Ebene der Mitarbeiter als auch auf der Ebene des Betriebes, dann wären die vorhandenen Ressourcenpuffer idealerweise in der Lage, die arbeitenden Menschen vor Erschöpfung zu schützen, ihre Motivation zu bewahren und zu erhöhen.

Als balanceunterstützende Ressourcen nennt die Literatur beispielsweise Transparenz und regelmäßiges Feedback, wertschätzende Führung, unterstützten Erfahrungstransfer, vertrauensvolle Unternehmenskultur oder Instrumente zur Strukturierung, Dokumentation und Planung der Arbeit (im Change). Dabei ist es unverzichtbar, Gefühle zu respektieren und mit Unwägbarkeiten und kognitiven wie emotionalen Dissonanzen umgehen zu lernen. Maßnahmen müssen so angelegt werden, dass sich mit Veränderungen auch positive Ziele verbinden lassen, ihre Bewältigung sollte als proaktive Entwicklung erkennbar sein.